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Der digitale Hufabdruck

Aktualisiert: 27. Aug. 2019

Ein neues Pferd im Stall, sehr schick, hochbeinig, tolle Oberlinie, gut bemuskelt und wie der springen kann. Ein gutes Pferd heißt es, super brav im Umgang, klar im Kopf. Doch es verweigert jeden Oxer, egal wie hoch oder niedrig gebaut. Kein Reiter bekommt das Pferd darüber. Wir kennen nur seine letzten Besitzer, die es vom Händler haben und auch nur wenige Monate bei sich behielten. Wir kennen aber den Namen des Pferdes, denn es hat Papiere und noch dazu sehr gute. Wir recherchieren und versuchen seinen Werdegang im Internet zu verfolgen. Es gibt Videos von Prüfungen bis ins Jahr 2015 mit seinem damaligen Reiter. Danach ein schwarzes Loch, das Pferd ist wie vom Erdboden verschwunden. Was passierte danach, keine Turnierstarts mehr, aber wieso? Im Internet sind wahnsinnig viele Foren zum Thema Pferdekauf zu finden. Die Menschen tauschen sich aus und hinterfragen die Herkunft vieler unbekannter aber auch bekannter Pferde. Wir stoßen auf einen Händler der das Pferd 2016 zum Verkauf angeboten hat. Die damalige Verkaufsanzeige ist noch immer in den Tiefen des Netzes zu finden. Für eine immens hohe Summe. Verständlich, das Pferd hat hervorragende Papiere und sehr gute Platzierungen vorzuweisen. Den Werdegang danach kennen wir auch. Das Pferd wurde verkauft und wieder verkauft. Insgesamt ist es dreimal zurück zum Händler gekommen bevor es an eine nette Dame verkauft wurde, die sich dem Tier angenommen hat und es auf eigene Faust verkauft hat. Jetzt ist es hier. Wir finden ein Video aus der späten Saison 2015. Es ist eine Zeitspringprüfung der Klasse L. Das Pferd geht unklar, schweißgebadet und enorm unter Stress wird es durch den Parcour geritten, Sprung eins fehlerfrei, zu Sprung zwei sind sie sehr unpassend gekommen, die Stange wackelt, bleibt aber liegen. Dann die Kombination, erst ein Steilsprung und dann ein Oxer. Die Kombi total schief angeritten, einen Galoppsprung zu viel geritten und total unpassend in der Kombination zum Oxer gelandet. Es springt zu früh ab und das Paar landet im Oxer. Das Pferd hängt mit den Hinterbeinen in den Stangen, der Reiter rettet sich zur Seite. Voller Panik versucht es aus dem Stangenchaos zu fliehen, tritt dabei in die Zügel und reißt sich das Gebiss aus dem Maul. Das Pferd befreit sich aus den Stangen und trabt Richtung Ausgang, der Reiter ist mittlerweile wieder auf den Beinen und geht hinterher. Man kann erkennen, dass das Pferd mit jedem Schritt das Bein weniger belastet. Es lahmt, sehr stark sichtbar, nur nach wenigen Sekunden auf diesem Video. Das war die letzte Prüfung, die mit diesem Pferd im Internet zu finden ist. Nach diesem Fund wird eine Untersuchung veranlasst, denn der TÜV des Pferdes schien zu jedem Zeitpunkt anstandslos zu sein. Ein falscher TÜV Bericht? Ja, denn nach der Untersuchung stellt sich heraus, das Pferd hat ein enormes Muskeltrauma im Rücken. Gepaart mit der Erinnerung an die Landung im Sprung, löst der Oxer in dem Tier ein unglaubliches Schmerzempfinden aus.

Eine Geschichte, frei erfunden. Aber sie kann wahr sein, sie kann jeden betreffen und das nicht nur Pferde und ihre Besitzer, sondern auch ganz normale Menschen. Jeder Mensch hinterlässt jeden Tag eine digitale Spur im Internet. Wenn es nur das kurze Lesen von Nachrichten am Bahnsteig ist, oder das Video, das man seiner Freundin schickt. Nichts im Internet bleibt unentdeckt und viel wichtiger, alles ist gespeichert und irgendwo auffindbar. Heute spielt sich das Leben nicht mehr nur analog ab, sondern eben vermehrt in der digitalen Welt.

Wie in unserer Geschichte beschrieben, trifft das auch auf unsere tierischen Wegbegleiter zu. Der digitale Tiermarkt ist riesig und meist sehr kompliziert verwachsen. Es gibt eine Menge Portale, auf denen Tiere zum Kauf angeboten werden. Privatpersonen, Händler oder Züchter, alles ist dabei. Da die richtigen Ansprechpartner zu finden ist nicht leicht. Doch mit Hilfe des World Wide Web kann man die Richtigen finden und Betrügern leicht auf die Schliche kommen. Es gilt sich vorab ausreichend zu informieren und zu recherchieren. Denn sollte in der Vergangenheit etwas Negatives mit der Person oder dem Verkäufer in Verbindung gebracht worden sein, ist dies schnell nachzulesen. Aussortieren ist also ganz leicht.

Was und wie viel jeder von sich selbst im Netz preisgibt, bleibt jedem selbst überlassen. Doch gerade beim Pferdekauf, kann die Geschichte im Netz, dem Interessenten bei der Entscheidung helfen, oder sie ihm gleich abnehmen. Alles auf der Welt hat seine Vor- und Nachteile!

Der digitale Fuß, - Pfoten- oder Hufabdruck – Fluch und Segen zugleich.


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